22. Türchen: Abraham Lincoln als Freund

Es war im Jahr 1864. In Nordamerika herrschte Bürgerkrieg; Nord- und Südstaaten kämpften nun schon drei Jahren gegeneinander. Hundertausende sind bereits auf beiden Seiten auf den Schlachtfeldern gestorben.

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Während des Bürgerkriegs erhielt der Präsident der Nordstaaten Abraham Lincoln zahlreiche Gnadengesuche von Soldaten, die wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilt worden waren. Den meisten Gnadengesuchen wurden zahlreiche Empfehlungsschreiben von Freunden und einflussreichen Personen beigelegt.

Eines Tages erhielt der Präsident eine Bitte um Begnadigung, die anders war alle Anderen: Dieser Brief kam ohne Begleitschreiben, ohne Empfehlungen; nicht ein einziges Dokument wurde beigelegt.

Lincoln war davon irritiert und fragte den verantwortlichen Offizier nach den fehlenden Dokumenten. Zu Lincolns Verwunderung sagte der diensthabende Offizier, dass der Soldat weder Freunde noch Familie habe, denn alle seine Freunde und seine gesamte Familie seien im Krieg ums Leben gekommen.

Der Präsident nahm sich diese Information zu Herzen und teilte dem Offizier mit, dass er am nächsten Morgen eine Entscheidung in dieser Angelegenheit treffen werde. Lincoln rang die ganze Nacht mit diesem Fall. Fahnenflucht war keine Kleinigkeit. Die Aufhebung eines Todesurteils würde eine falsche Botschaft an andere Soldaten senden. Der Ausgang des Krieges stand auf dem Spiel. Dennoch fiel es ihm schwer, kein Mitgefühl für jemanden zu haben, der so allein war und schon alles verloren hatte.

Als der Offizier am nächsten Morgen den Präsidenten um seine Entscheidung bat, dachte er, der Präsident habe etwas verwechselt, denn Lincoln gab bekannt: „Eine Aussage eines Freundes des Soldaten hat meine Entscheidung über ihn bekräftigt.“

Als der Offizier den Präsidenten daran erinnerte, dass das Gnadengesuch ohne Referenzschreiben von Freunden oder Angehörigen des Soldaten gekommen war, erklärte Lincoln einfach: „Ich werde sein Freund sein“. Dann unterzeichnete er den Antrag und begnadigte den Mann.[1]


Der Soldat in der Geschichte hatte keinen einzigen Freund – alle waren sie im Krieg ums Leben gekommen. Nun hatte er Fahnenflucht begangen und wurde zum Tod verurteilt. Für eine Begnadigung brauchte er einen einflussreichen Freund als Fürsprecher – doch er hatte überhaupt keine Freunde. Schließlich beschloss der Präsident selbst, sein Freund zu sein und ihm die Strafe zu erlassen.

Wer wünscht sich nicht solche einflussreichen Freunde wie einen Präsidenten? Ein guter Draht zum Vorgesetzten, eine gute Beziehung zum reichen Vater oder ein freundschaftliches Verhältnis zum Chefarzt können das Leben durchaus einfacher machen.

Dass Leben und Tod so unmittelbar von der Gunst eines Freundes abhängen ist hingegen nicht gerade alltäglich.

Der Soldat in der Geschichte schrieb dem Präsidenten einen Brief mit einer Bitte um Begnadigung. Er wusste, welche Strafe auf ihn wartete und er bat um Gnade, dass er diese Strafe doch nicht bekommen würde.

In einer sehr ähnlichen Situation sind auch wir. All unser Handeln hat Konsequenzen – das ist das Prinzip von Ursache und Wirkung. Positive Handlungen haben positive Folgen und negative Handlungen haben negative Folgen. Je nach Zusammenhang nennen wir sie unterschiedlich; mal nennen wir sie Konsequenzen, mal Spätfolgen und manchmal auch Strafe. Man könnte es als Strafe der ach so bösen Zuckerindustrie bezeichnen, dass man nach täglichem übermäßigen Schokoladenkonsum übergewichtig wird und womöglich Diabetes bekommt – man könnte es aber auch „logische Konsequenz“ oder „Folge“ nennen.

Es hat sich in den letzten Jahrzehnten in Deutschland immer mehr eingebürgert, dass wir Strafe als etwas, mittelalterliches und rückständiges ansehen, das nur noch Rabeneltern auf ihre wehrlosen Kinder niedergehen lassen. Wir vergessen dabei, dass ohne Strafen kein gesellschaftliches Zusammenleben auf dieser Welt funktionieren würde. Strafen sind zum Schutz da – zum Schutz von uns selbst und zum Schutz von anderen. Wenn ich eine Baustelle unbefugt und ohne Schutzkleidung betrete, kann ich dafür mit einem Bußgeld – einer Strafe – rechnen, da ich mich selbst und andere in Gefahr gebracht habe.

Ohne Strafen würde auch unser deutsches Rechtsystem nicht funktionieren, es würde das Recht des Stärkeren gelten und die Schwächeren würden dabei auf der Strecke bleiben. Strafen sind wichtig und notwendig. Wir alle sind schon einmal schuldig geworden. Entweder weil wir zu schnell in der 30er Zone gefahren sind oder weil wir jemanden beleidigt haben, in einer Prüfung gemogelt haben oder ein amtliches Formular nicht ganz wahrheitsgemäß ausgefüllt haben. Natürlich werden wir nicht jedes Mal sofort erwischt und angezeigt und müssen eine Strafe zahlen.

Doch wir haben nicht nur gegen die Straßenverkehrsordnung, die deutschen Gesetze oder die Schulregeln verstoßen. Wir haben die über alle Zeiten und Kulturen hinweg gültigen Maßstäbe und Regeln Gottes gebrochen und uns an seinem System verschuldet – und somit an ihm selbst. Die deutschen Gesetze sagen uns, was wir nicht tun sollen; sie verbieten alle möglichen schlimme Taten wie Mord, Hausfriedensbruch oder Kindesmisshandlung. Aber sie schreiben nicht vor, wie gut wir leben sollen. Es gibt kein Gesetz, das vorschreibt, Schwächeren zu helfen, den Armen zu spenden, Kröten zu retten oder freundlich zu anderen zu sein. Unser Rechtsystem beruht auf Verboten.

Gottes Regeln jedoch sind anders. Seine Verhaltenscodex und seine Maßstäbe sind viel höher. Vielleicht hast du wirklich noch nie gegen die deutschen Gesetze und Regeln verstoßen. Aber gegen Gottes Maßstäbe und „Gesetze“ haben wir alle verstoßen – unzählige Male. Es gibt keinen unter uns, der nicht schon einmal einen anderen Menschen verletzt hätte, noch nie jemand anderem geschadet hätte, immer die Wahrheit gesagt hätte und sich anderen gegenüber immer liebevoll verhalten hätte. Das hat auch Gott verletzt. Da Gott jeden Menschen liebt, verletzt es auch ihn, wenn wir uns gegenseitig verletzen. Wir haben Gott nicht ernst genommen, und so gelebt, wie wir es für richtig halten und damit viel Schaden verursacht. Unsere Welt, wie wir sie heute sehen, mit allem Leid in ihr, ist ein Resultat davon, dass Millionen Menschen getrennt von Gott leben und nur selten einen Gedanken daran verschwenden, was in Gottes Augen richtig ist. Wir sind schuldig geworden vor Gott – so wie der Soldat in der Geschichte schuldig wurde vor den Vereinigten Staaten und vor dem Präsidenten.

Weil unsere Strafe so schwer wäre, dass wir sie selbst gar nicht tragen könnten, hat Gott aus Liebe zu uns entschlossen, sie selbst an unserer Stelle zu tragen. Dafür wurde Gott Mensch in Jesus Christus, dessen Geburt wir an Weihnachten feiern. Er kam auf die Erde um all die Konsequenzen selbst zu erleben und die Strafe auf sich zu nehmen. Im Gegensatz zu Präsident Lincoln wird Gott nicht einfach so Schuld erlassen, ohne dabei für Gerechtigkeit zu so sorgen. Warum Jesus für uns sterben musste, und Gott nicht „einfach so“ vergeben konnte, erkläre ich übrigens mit der Geschichte Die Legende von Fürst Schamyl bei Türchen Nr. 18

Wenn du das annimmst, was Jesus für dich am Kreuz getan hat, dass er an deiner Stelle bestraft wurde, dann vergibt er dir.

Er vergibt nicht nur und erlässt dir die Strafe – er will auch dein Freund sein. So wie Abraham Lincoln sagte, er sei nun der Freund dieses Soldanten. Es wurde leider nicht überliefert, ob Lincoln sich mit dem Soldaten getroffen hat und eine echte Freundschaft zu ihm aufgebaut hat; es scheint eher unwahrscheinlich.

Doch Gott möchte tatsächliche eine Beziehung zu uns. Wenn du das auch möchtest, dann kannst du es ihm heute noch sagen. Es lohnt sich! Natürlich wird dein Leben nicht perfekt, aber du wirst nie allein sein, du hast immer jemanden, der für dich ist. Er gibt deinem Leben Sinn und Bedeutung.

Deshalb kam Jesus an Weihnachten auf die Erde, dass er die Beziehung zwischen uns Menschen zu Gott wiederherstellt und dass er die Schuld, die wie eine Mauer zwischen uns und Gott steht, beseitigt und unsere Strafe erleidet, so dass wir nie wieder bestraft werden müssen. Das gleiche Weihnachtsgeschenk gilt auch uns allen heute noch – wenn wir wollen.


Möchtest du auch, dass Jesus dein Freund ist? Möchtest du, dass die Schuld zwischen dir und Gott beseitigt wird und dass Gott dir deine Fehler vergibt? Dann lade ich dich ein, jetzt eine Entscheidung dafür zu treffen und mit mir ein Gebet wie dieses sprechen: „Danke Gott, dass du mein Freund sein möchtest. Danke Jesus, dass du für mich am Kreuz gestorben bist und dich für mich hast bestrafen lassen. Bitte vergib du mir meine Schuld. Ich möchte in Beziehung mit dir Leben, bitte lass mich dein Freund sein. Ich möchte dich mehr kennenlernen. Danke, für das große Geschenk, das du mir an Weihnachten machen möchtest: eine Beziehung zu dir.“


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      [1] Inspiriert durch: Maxwell, John C.2004. Winning with people – discover the people principles that work for you every time. Nashville: Thomas Nelson. S. 168, übersetzt und bearbeitet, und https://de.wikipedia.org/wiki/Sezessionskrieg und https://de.wikipedia.org/wiki/Abraham_Lincoln

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